Global denken, lokal wählen – Wie man die richtigen Themen für den Wahlkreis findet
Erfolgreiche Wahlwerbung beginnt mit der richtigen Themensetzung. Doch was ist das „richtige“ Thema im Kommunalwahlkampf? Anders als bei Bundestagswahlen funktionieren lokale Kampagnen nach anderen Regeln. Wähler:innen wollen keine abstrakten Versprechen – sie wollen Lösungen, die ihre Straße, ihren Alltag, ihre Familie betreffen.
In diesem Beitrag zeige ich aus Marketingsicht, wie Kandidierende für die Kommunalwahl 2025 in NRW relevante, lokale Themen identifizieren – und wie sie daraus greifbare Botschaften entwickeln, die ankommen.
Warum lokale Themensetzung im Mittelpunkt stehen muss
Die Kommunalwahl ist eine Sachwahl. Parteiprogramme rücken in den Hintergrund – im Vordergrund stehen:
-
konkrete Probleme vor Ort
-
die Glaubwürdigkeit der Lösungsvorschläge
-
das persönliche Engagement der Kandidierenden
Die Kunst besteht darin, komplexe Themen herunterzubrechen – auf eine verständliche Ebene, die direkt im Leben der Wähler:innen andockt. Wer das schafft, wird nicht nur gehört, sondern auch gewählt.
Die häufigste Fehlannahme: „Ich muss alles abdecken“
Viele Kandidierende glauben, sie müssten zu jedem politischen Feld etwas sagen: von Bildung über Wirtschaft bis zur Kulturförderung. Was dabei herauskommt, sind meist vage Absichtserklärungen und unkonkrete Forderungskataloge.
Besser: 3 bis 5 starke Themen, die zum eigenen Profil passen – und eine klare Verbindung zur Lebensrealität der Menschen vor Ort haben.
Denn in der politischen Kommunikation gilt:
„Wer alles sagt, sagt nichts. Wer sich fokussiert, wird erinnert.“
Wie man die richtigen Themen findet – ein strategischer Leitfaden
1. Zuhören – statt selbst nur zu senden
Die besten Themen entstehen nicht am Schreibtisch, sondern im Gespräch. Wer auf Wochenmärkten, bei Vereinsfesten oder an der Haustür mit Bürger:innen spricht, erfährt schnell, was wirklich bewegt.
Konkrete Maßnahmen:
-
5–10 kurze Straßeninterviews im eigenen Viertel
-
Online-Umfrage auf Social Media oder der Website
-
„Wunschzettel“-Aktion bei Veranstaltungen: Was fehlt in Ihrem Stadtteil?
Solche Signale zeigen, wo die drängendsten Themen liegen – und liefern die Sprache, in der Bürger:innen sie beschreiben.
2. Datenbasierte Themenanalyse
Ergänzend zum subjektiven Eindruck helfen auch Zahlen:
-
Was wurde in den letzten Bürgerbefragungen genannt?
-
Welche Themen dominieren Leserbriefe in der Lokalzeitung?
-
Welche Projekte stagnieren seit Jahren?
Beispiel: Wenn der Bau einer Umgehungsstraße seit fünf Jahren angekündigt wird, aber nichts passiert, kann das ein Thema sein. Wichtig ist, solche Punkte nicht nur zu benennen, sondern Lösungen vorzuschlagen.
3. Eigene Stärken und Erfahrungen einbeziehen
Themen wirken glaubwürdiger, wenn sie zur Persönlichkeit des Kandidierenden passen. Wer selbst aus dem Pflegebereich kommt, wird bei Gesundheitsthemen anders sprechen als jemand aus der Bauwirtschaft.
Frage dich:
-
Wo habe ich Fachwissen oder Lebenserfahrung?
-
In welchem Thema bin ich bereits aktiv (Ehrenamt, Beruf, Ratsarbeit)?
-
Was liegt mir persönlich am Herzen – und warum?
Das stärkt die Authentizität – und macht das Thema zur Marke.
4. Lokale Übersetzung großer Debatten
Viele kommunale Themen hängen mit bundesweiten Trends zusammen:
Energie, Mobilität, Bildung, Migration, Digitalisierung – das sind nationale Megathemen. Aber sie zeigen sich lokal unterschiedlich.
Beispiel:
-
Bundespolitisches Thema: Klimaschutz
-
Lokale Übersetzung: „Solarpflicht für Neubauten in unserer Stadt“
-
Noch lokaler: „Schatten für den Spielplatz – wir wollen Bäume statt Pflaster!“
Je näher am Alltag, desto besser.
Der Schlüssel liegt darin, das große Ganze greifbar zu machen – und zwar auf Stadtteil-Ebene.
5. Unterschiedliche Zielgruppen berücksichtigen
Nicht alle Wähler:innen haben dieselben Interessen. Familien, junge Erwachsene, Senioren, Selbstständige – sie alle bewegen unterschiedliche Fragen.
Empfehlung:
Erstelle eine einfache Zielgruppen-Matrix, in der du mögliche Themen clustern kannst:
Zielgruppe | Relevante Themen |
---|---|
Familien | Kitas, Spielplätze, Schulwege |
Jugendliche | ÖPNV, Freizeitangebote, Beteiligung |
Senior:innen | Barrierefreiheit, Sicherheit, Pflege |
Unternehmer:innen | Gewerbesteuer, Bürokratieabbau, WLAN |
Tipp: Jede deiner Kernbotschaften sollte mindestens eine Zielgruppe direkt ansprechen.
Vom Thema zur Botschaft: So wird’s wahlkampftauglich
Ein Thema allein reicht nicht – es muss in eine einprägsame, wahlkampftaugliche Botschaft übersetzt werden. Das gelingt mit der Formel:
Thema + Haltung + Lösung = starke Botschaft
Beispiel 1:
-
Thema: fehlende Kitas
-
Haltung: Bildung beginnt früh – für alle
-
Lösung: neue Kita-Plätze schaffen durch Umbau leerstehender Gebäude
-
Botschaft: „Wir schaffen Platz für Zukunft – mehr Kitas für unsere Stadt!“
Beispiel 2:
-
Thema: Sicherheit auf dem Heimweg
-
Haltung: Jede:r soll sich sicher fühlen – Tag und Nacht
-
Lösung: besser beleuchtete Wege, mobile Polizeiwache
-
Botschaft: „Sicher nach Hause – wir machen den Heimweg hell und sicher!“
Wichtig: keine Angst vor Emotionen – Wahlkampfbotschaften dürfen bewegen.
Fehler, die man vermeiden sollte
-
Themen inflationär behandeln: 20 Themen auf einem Flyer = keine Botschaft
-
Nichtssagende Formulierungen: „Ich will Gutes für alle“ ist keine Position
-
Themen nur von Parteivorgaben ableiten: Kommunalwahl ist kein Parteitag
-
Widersprüche ignorieren: Wer gegen Neubauten ist, kann nicht gleichzeitig für mehr Wohnungen werben – jedenfalls nicht, ohne es zu erklären
Wie man mit kontroversen Themen umgeht
Nicht jedes Thema ist beliebt – aber manche sind notwendig. Wer sich z. B. klar für eine Flüchtlingsunterkunft oder gegen eine Umgehungsstraße positioniert, muss das begründen können.
Strategie:
-
Klare Haltung zeigen
-
Kritikpunkte anerkennen
-
Lösung anbieten
-
Gesprächsbereitschaft signalisieren
Beispiel: „Wir verstehen die Sorge der Anwohner – aber wir glauben, dass Integration am besten gelingt, wenn sie früh begleitet wird. Deshalb fordern wir mehr Sozialarbeiter – nicht mehr Isolation.“
Fazit: Relevanz entsteht durch Nähe
Die stärksten Wahlkampfthemen entstehen nicht im Lehrbuch, sondern im Viertel, im Gespräch, auf dem Marktplatz. Wer dort zuhört, wo Politik wirkt, erkennt schnell: Die besten Themen sind die, die keiner mehr benennt, weil sie alle nerven.
Ein gut gewähltes Thema ist wie ein Anker – für Botschaften, für Vertrauen und für die Wahlentscheidung.